Neue Materialien: Fluch oder Segen? Was ist eine wünschenswerte Innovation und was ist ein «Schadstoff»? Das ist immer eine Frage der Betrachtung und oft auch erst über die Jahre abschliessend bewertbar. Gerade auch den gesundheitlichen Aspekt gilt es zu berücksichtigen.
Dieses Themendossier will die Studien und das Wissen zum Thema "Alternative Materialien" bündeln und Dritten zur Verfügung stellen.
Kunststoffprodukte biologisch abbauen - Kunststoff Xtra (Projekt BioSinn – Products for which biodegradation makes sense”)
Recycling statt Bioplastik - Kunststoff Xtra
Ist Bioplastik umweltfreundlicher als herkömmliches Plastik? - NZZ-Artikel
Ökologisches Einweggeschirr : Wie ungesund sind Bambusteller und Kartonröhrli? – Beitrag von SRF
Einweggeschirr auf den Kompost?: «Kompletter Unsinn» - SRF Espresso Beitrag
Beiersdorf bringt erste Verpackung aus erneuerbarem Kunststoff auf den Markt – Pressemitteilung Beiersdorf
Neue Materialien, welche nachhaltig produziert und entsorgt werden können, und gleich gute Eigenschaften wie bisher eingesetzte Werkstoffe besitzen, können ein grosses Potenzial darstellen. So gibt es zahlreiche Bestrebungen und Forschungen zu wiederverwertbaren oder kompostierbaren Verpackungsmitteln oder Naturmaterialien. Wichtig ist, ein neues Material ganzheitlich zu bewerten. Aspekte der besseren Funktionalität (z.B. die Festigkeit von Glasfaser), Nachhaltigkeit und Kreislaufschliessung, aber auch der Kosten spielen dabei eine Rolle. In der Kreislaufwirtschaft wird zwischen dem biologischen (Materialien werden wieder in die Natur zurückgeführt) oder den technischen Kreislauf (Materialien werden durch wiederverwenden, -verwerten, reparieren, teilen etc. im Kreislauf gehalten) unterschieden. Die Auswirkungen eines Materials müssen entsprechend in der ganzen Wertschöpfungskette, von der Produktion bis zum Wieder-Einsatz, ganzheitlich bewertet werden. Beispielswiese gilt es zu klären, ob Trinkhalme aus alternativen Materialien anstatt Plastik wirklich besser sind. Zugegebenermassen nicht die drängendste Frage aus Sicht des Ressourcen-Verbrauch, aber auf politischer Ebene ein oft diskutiertes Thema. Wichtig ist grundsätzlich, dass sich im Sinne der Subsidiarität zuerst Branchenlösungen finden und erst in zweiter Linie regulative Massnahmen, wie das Verbot von oxo-abbaubaren Kunststoffen, eingeführt werden.
Wichtig beim Umgang mit Materialien sind branchenübergreifende Lösungen. Es nützt nichts, wenn ein Teil der Branche auf Materialien (z.B. PS) verzichten möchte, ein anderer Teil hingegen die optimale Verwertung forciert.
Standards und rechtliche Vorgaben
EN 13432 ist die europäische Norm, welche Testmethoden zum Nachweis der Kompostierbarkeit beschreibt (Produkte müssen innerhalb von maximal 90 Tagen in einer industriellen Kompostierungsanlage zu mindestens 90% zersetzbar sein.) (Quelle: Verband European Bioplastics)
Oxo-abbaubare Materialien
Das Inverkehrbringen oxo-abbaubarer Kunststoffe ist Rahmen der Einweg-Kunststoffrichtlinie der EU (2019/904, Artikel 5) ab 03. Juli 2021 verboten.
Oxo-abbaubare Kunststoffe werden aus fossilen Rohstoffen hergestellt. Sie zerfallen unter Wärmezufuhr, UV-Strahlung oder Feuchtigkeit in einer chemischen Reaktion in sehr kleine Partikel, allerdings nicht vollständig sondern lediglich in Mikroplastik. Das ist auch der Grund, warum diese Kunststoffe verboten wurden.
Seltene Materialien
Recycling bedingt in der Regel, dass das Eingangsmaterial in grossen und möglichst homogenen Mengen vorhanden ist. Die Schweizer Recyclinginfrastruktur ist auf die am häufigsten eingesetzten rezyklierbaren Wertstoffe eingestellt – wird aber laufend überdenkt, siehe z.B. «Sammlung 2025». Für Materialen, die auf dem Schweizer Markt nur selten vorkommen, gibt es daher oft, trotz ihrer möglicherweise guten Recyclingfähigkeit, keine geeigneten Verwertungsströme. Ein recyclinggerechtes Design von Verpackungen sollte deshalb auf den Einsatz von einigen wenigen, häufigen Wertstoffen setzen.
Insbesondere wird empfohlen auf folgende Wertstoffe zu verzichten: Polycarbonat (PC) und Polyvinylchlorid (PVC). (Quelle: FH Campus Wien Circular Packaging Design Guideline)
Materialien in Kontakt mit Lebensmittel
Die Migration von Stoffen in Lebensmittel gilt es unbedingt zu verhindern. Gerade durch Fett und Hitze können Stoffe in geringem Masse in die Nahrungsmittel übergehen. Deshalb gelten auch besondere Vorschriften für Verpackungen, die in Kontakt mit Lebensmittel stehen. Die Bedarfsgegenständeverordnung regelt die Vorgaben für die Lebensmittelindustrie. Weitere Informationen finden Sie auch auf der Webseite des BAFU.
Auch bei oftmals als «ökologisches» Einweggeschirr deklarierten Produkten aus Bambus und ähnlichen Materialien gilt es diese gesundheitlichen Aspekte zu beachten. Wie Genfer Tests und eine deutsche Studie gezeigt haben, sind diese Produkte oftmals nicht nur schlecht rezyklierbar sondern überschreiten teilweise auch Grenzwerte von gesundheitsgefährdeten Stoffen. Weitere Infos finden Sie auch in diesem Puls Beitrag von SRF.
Was | Details |
BAW | Biologisch abbaubare Werkstoffe |
Graspapier | Bei der Herstellung von Graspapier werden Grasfasern (statt Holzfasern) als Rohstoff eingesetzt. |
Legierung | Legierungen sind homogene metallische Werkstoffe aus mindestens zwei Komponenten. |
Multilayer | In einem Mehrschichtenverbund von z.B. unterschiedlichen Kunststoffen (Multilayer) befinden sich aktive Substanzschichten, z.B. Sauerstoffbarrieren. Diese können meist nicht detektiert und damit auch nicht aus dem Prozess ausgeschleust werden. |
PLA | Poly-Lactic-Acid: Biopolymer, oft aus Mais hergestellt |
Compound | (engl. für Verbundstoff) Als solche bezeichnet man Kunststoffe, denen man zusätzliche Additive beigemischt hat. |
Sie wollen sich einbringen? Bitte melden Sie sich bei uns.